Er ist der Autor von „Der Gentleman: Standardwerk der klassischen Herrenmode“, dem weltweit meistgelesenen Buch zum Thema Herrenbekleidung, das in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde. Klar, dass ich mich unbedingt einmal mit Bernhard Roetzel über Stilfragen unterhalten wollte. So geschehen!
Herr Roetzel, ich falle einfach mit der Tür ins Haus: Was ist Ihrer Meinung nach Stil?
Eigentlich ist er etwas Unsichtbares. Er ist unser ästhetisches Empfinden gegenüber Dingen und das können wir etwa über Kleidung äußerlich zeigen. Stil ist etwas Gelerntes, das wir häufig gar nicht genau erklären können. Das kennt bestimmt jeder, wenn er etwas sehr schön findet, aber nicht begründen kann, warum.
Warum ist Stil wichtig?
Es gibt keinen zwingenden Grund für Stil. Er ist zweckfrei sinnvoll. Er trägt definitiv zu unserem Wohlbefinden bei. Das begrenzt sich nicht auf Kleidung. Wenn die Einrichtung meiner Wohnung meinem Stil entspricht, dann fühle ich mich dort auch wohl. Beim Kleidungsstil ist es so: Jeder möchte sich so kleiden dürfen wie er möchte. Wenn einem das aber etwa durch den Beruf genommen wird, weil eine gewisse Kleiderordnung eingehalten werden muss, fehlt es.
Sie haben definitiv Ihren ganz eigenen Stil gefunden. Waren Sie schon immer so stilsicher?
Ich bin schon in der neunten Klasse in Oberhemd und Sakko zur Schule gegangen und habe mich zum Beispiel von alten Hollywoodfilmen inspirieren lassen. Ich wusste also schon früh, was ich wollte.
Er ist zweckfrei sinnvoll.”
Sie bezeichnen sich selbst als altmodisch. Warum?
Weil ich alte Dinge zu schätzen weiß. Der Begriff „altmodisch“ ist für mich nicht negativ. Außerdem weiß ich, dass alles wiederkehrt. Grobe Arbeiterstiefel, Holzfällerhemden oder der Herrenanzug, wie wir ihn heute kennen, gab es schon vor mehr als 100 Jahren. Die Jeans ist noch älter. So ist das mit fast allen Klassikern in der Männergarderobe.
Glauben Sie an Trends?
Ja! Niemand ist unabhängig von Trends, auch wenn man seinen eigenen Stil hat. Ich hole dann vielleicht etwas aus dem Schrank, das ich schon lange nicht mehr getragen habe, aber schon seit meiner Studienzeit Ende der 80er besitze. Es heißt aber nicht, dass ich meine Garderobe für einen Trend umstellen würde.
Welche Strategien empfehlen Sie, um den eigenen Stil zu finden?
Zuerst steht die Frage: Wie bin ich? Und nicht: Wie will ich sein? Der eigene Stil soll meine Persönlichkeit unterstreichen, mich aber nicht verändern. Außerdem muss der Kleidungsstil zur Figur, zum Leben und auch zum Typ passen. OUTFITTERY unterstützt meiner Meinung nach sehr gut, diese Fragen zu klären und berät dabei, die passende Bekleidung für jeden zu finden. Im Einzelhandel findet eine solche Beratungsleistung heutzutage ja kaum mehr statt.
Welche Stilregeln empfehlen Sie Männern?
Der erste und wichtigste Schritt ist die Passform. Die einzelnen Stücke können noch so toll sein, wenn die Ärmel eines Sakkos zu lang oder die Hose zu weit ist, wird es nichts. Persönlich würde ich außerdem von Aufnähern und Jeans mit Löchern abraten. Und wer ausschließlich schwarz trägt, hat meiner Meinung nach kapituliert. Ansonsten finde ich aber, dass man mit den Klassikern der Männergarderobe nichts falsch machen kann. Ein schönes, schlichtes Hemd wertet jedes Outfit auf. Ein dunkelblauer Anzug, der gut sitzt, und ein weißes Hemd steht jedem. Und in der Freizeit passt ein Poloshirt, eine Chino und Bootsschuhe eigentlich immer.
Für noch mehr Ratschläge von Bernhard Roetzel empfehlen wir seinen Bestseller „Der Gentleman: Standardwerk der klassischen Herrenmode“, das nicht nur sehr informativ sondern auch unterhaltsam geschrieben ist – und nicht umsonst als Bibel des guten Stils gilt. Mehr erfahren.